Adolf Heinzlmeier / Berndt Schulz:
KLAUS KINSKI - Vitaler Visionär



In Cobra Verde (1987) spielte er den weißen Gott und Abenteurer, der im Herzen des Schwarzen Kontinents mit einem Heer von Amazonen zum Kampf antritt. Auf diesen Typ kam Klaus Kinski in den letzten Jahren immer mehr hinaus: Auf die mähnenblonde, stahlharte Außenseiterfigur, die Frauen verschleißt. Er schwingt die Waffen und läßt die Puppen tanzen, eine starke Prise Verrücktheit im Handeln und das Weiße des Genies im blauen Auge. Seine Aguirres, Fitzcarraldos und Nosferatus, die Abenteurer, Legionäre und Intriganten, die Helden auf eigene Faust sind alle vom gleichen Kaliber: vom Kaliber Kinski.
Dabei hatte er nie eine einzige Stunde Schauspielunterricht, spielte am Anfang Männer- und Frauenrollen durcheinander und gab Rezitationsabende mit zitterndem Mund, aufgewühltem Gesicht, feuchten Augen und einer Gewitterstimme, die das Publikum verstörte. In Deutschland blieb er der Bürgerschreck, der in Wallace-Filmen als Zwielichtiger vom Dienst abgenutzt wurde. Er ging 1965 nach Italien, stampfte dort durch Billigwestern und begann eine Weltkarriere, von deren Glanz erst Werner Herzog etwas aufs deutsche Kino abzweigte.
Kinski kann alles darstellen, weil er alles in sich trägt, er ist ein Künstler mit der Transparenz unzählig übereinanderkopierter Bilder. Mit fliegendem Atem hetzt er durch seine ureigensten Gesichte. An ihm wirkt alles übersteigert, ein bißchen Unhold, ein bißchen Messias, ein Hauch von freier Wildbahn - er gibt sich als Tier, das jedoch in Samt und Seide auftritt. Als Darsteller ein Naturereignis, mit der Vitalität eines Visionären.

© 1988 by Adolf Heinzlmeier / Berndt Schulz

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